auf ein Bier mit The Lunatics

The Lunatics überzeugen mit ihren abwechslungsreichen Sound und mischen gekonnt Stilelemente von Punk und Hard Rock über Surf und Swing bis zum Country und Hillbilly. So entsteht ihre ganz eigene Version des Rock’n’Roll, immer vielseitig und nicht selten überraschend – zumal man auch nie weiß, ob einen als Nächstes ein deutscher oder ein englischer Text erwartet. Mal ernst mal sehr humorvoll, die Bandbreite ihrer Songs und Musik ist groß und sorgt mit Bravour für absolute Stimmung. Ich habe den Jungs ein paar Fragen zu ihnen und ihrer Musik gestellt.

The Lunatics

Elias – Gesang
Stevo – Gitarre
Chris – Gitarre
Mad Mark – Bass
Dennis- Drums

weitere Infos:

Homepage: The Lunatics
Facebook: The Lunatics

Interview:

von Chris Weidler

Rockin‘ and Rollin‘: Stellt euch doch einmal, für die Handvoll Leute, die euch noch nicht kennen, vor.

Stevo: Wir sind Mark (Bass), Dennis (Drums), Chris und Stevo (Gitarren) sowie Elias (Gesang). Wir kommen alle aus dem Rheinland/Bergischen Land, aber wir sind tatsächlich keine Kölner, auch wenn wir lange Jahre unseren Proberaum in Köln hatten und deshalb unsere Musik gerne als „Rock’n’Roll from Cologne“ bezeichnen. Aber „Rock’n’Roll from Opladen“ hätte genau wie „Psychobilly from Morsbach“ eben auch deutlich unspektakulärer geklungen, und Köln sagt jedem was, also bitte – wenn jemand uns als „Kölner Band“ bezeichnet, geht das in Ordnung.

Rockin‘ and Rollin‘: Wie kam es zu der Idee zu den „The Lunatics“ und wie habt ihr euch dann als Band zusammengefunden?

Stevo: Die „Lunatics“ waren ursprünglich ein Nebenprojekt mehrerer Bands: der „Boozehounds“, der „Heavy Teddys“ und „Deepest Fears“. Frank, Sänger der „Heavy Teddys“ und ursprünglicher Sänger der „Lunatics“, wollte um 2004 herum neben der eher spaßbetonten Musik der Teddys gerne ein wenig ernsteren und „härteren“, aber schon eher ursprünglichen Psychobilly machen, sozusagen „old school“. Mit dem Gitarristen der Teddys und Stevo von den „Boozehounds“ sowie Marco und Meyerling von den „Deepest Fears“ am Bass und am Schlagzeug war dann die erste Lunatics-Besetzung geboren, mit der auch 2006 das erste Album „Rockmachine“ entstanden ist.

Rockin‘ and Rollin‘: Euren Musikstil ist einfach klasse und in der Mischung sehr vielseitig. Ihr mixt gekonnt je nach Song Rock’n’Roll mit Punk, Hard Rock, Swing, Surf, Country und Jazzelemente. Mal wild, dass kein Bein still stehen kann, mal ruhig, emotional und musikalisch gekonnt rübergebracht. Wie würdet ihr euren Stil beschreiben?

Stevo: Wir nennen unseren Stil einfach Rock’n’Roll. Das ist es am Ende; wir wollen die Freiheit haben, zu machen, was in unserem Band-Kontext funktioniert. Wenn man dann sagt, wir machen Punk, dann kommt todsicher jemand und ruft: „Aber der dritte Song vom zweiten Album ist Country, dass ist gar kein Punk!“ Ja. Stimmt. Und wenn wir sagen, wir machen Country-Rock, dann schreit jemand: „Aber der vierte Song dritten Album ist Punk! Das ist kein Country!“ Ja. Genau. Und deshalb sagen wir gar nichts, oder besser, wir bleiben bewusst vage. Denn was wir machen, ist nie nur einem einzigen Stil zuzuordnen – vielleicht ein einzelner Song mal, aber die Alben sind immer so ein kruder Mix aus Stilen, dass es einfach nichts bringt, sich selbst in einer bestimmten Spielart einzusortieren. Rock’n’Roll ist in Ordnung, das deckt von Elvis bis Motorhead alles ab. Das passt.

Rockin‘ and Rollin‘: Auch textlich lasst ihr euch in keine Schublade stecken, sei es englisch oder deutsch, man weiß nie, welcher Song bei euch als Nächstes kommt. Beides sehr gekonnt rübergebracht. Aber was ist schwerer, Songs auf Deutsch oder Songs auf Englisch? Und wo liegen da die besonderen Herausforderungen?

Stevo: Was schwerer ist, hängt wohl vor allem davon ab, worum es geht. Ich finde es schwer, in einer fremden Sprache witzig zu sein – also oberhalb von Pubertär-Humor witzig. Dagegen finde ich, dass es bei ernsteren Themen im Englischen viele griffige Formulierungen gibt, die mir irgendwie direkter erscheinen als vergleichbare deutsche Formulierungen. Da spielt natürlich viel persönliches Bauchgefühl eine Rolle. Bei mir läuft es meistens darauf hinaus, dass ich lustige oder heitere Songs eher in Deutsch schreibe und alles andere in Englisch. Englisch ist die Sprache des Rock’n’Roll, das kann man nicht wegdiskutieren. Aber Deutsch ist eben meine Muttersprache mit viel Potential für Albernheiten und Quatsch. Das nutze ich aus.

Rockin‘ and Rollin‘: Wie entstehen neue Songs bei euch? Hat einer die Idee und stellt sie den anderen vor, um sie dann gemeinsam auszuarbeiten, oder gibt es eine gewisse Arbeitsaufteilung?

Stevo: Neue Songs entstehen bei uns derzeit noch – zu 99,9 % – dadurch, dass ich einen Song komponiere und texte und dabei so rudimentär wie möglich vorgehe. Ich mache also einen Text und ein musikalisches Gerüst und nehme das Zuhause als Homerecording-Take auf. Die so entstandene Aufnahme nehme ich dann mit in den Proberaum, alle hören sich das an und entscheiden, ob das was für unser Programm ist oder eher nicht. Wenn ja fangen wir an, den Song zu spielen, und dann beginnt die Ideen-Maschine zu laufen: Hat man den Song zweimal in der Grundversion gespielt, kommen auf einmal von jedem Ideen, wie das Ganze aufgehübscht und verbessert werden kann. Am Ende hat man dann einen gut arrangierten Song, der von jedem einzelnen in der Band ein paar Gene enthält. Das klappt sehr gut, weil wir alle auch sehr unterschiedliche musikalische Hintergründe haben. Da kommt jeder auf Ideen, die einer der anderen so nicht hätte, und das trägt viel zum Abwechslungsreichtum bei.

Rockin‘ and Rollin‘: Woher nehmt ihr eure Ideen für eure Songs?

Stevo: Die Ideen zu den Songs kommen aus zwei Quellen: der größere Teil meiner Songs ist inspiriert von Dingen, die ich erlebt oder miterlebt habe oder die mir jemand erzählt hat, den ich sehr gut kenne. Es sind Sachen, die mich auf irgendeiner Ebene bewegen – das kann was Kleines sein, was ich in den Nachrichten höre, oder was Großes wie das Ende einer Beziehung und eben alles, was dazwischen passt. Oft ist es was ganz Nebensächliches wie die Panik, nicht genug zu Rauchen im Haus zu haben – ein Gefühl, das jeder Raucher kennt. Da wird dann eben „Ain’t got no cigarettes“ draus. Die zweite Inspirationsquelle ist: Ich bin gerne albern. Da reicht dann eine Formulierung, die jemand benutzt, oder ein Witz, den man erzählt bekommt, irgendein peinliches Benehmen, das man bei jemandem beobachtet – und fertig sind Songs wie „Sonntag“ oder „Tätowierte“ oder „Geheimagent“. Ärgerlicher Weise kann ich weder das eine noch das andere steuern – ich muss immer warten, bis es passiert. Ich kann mich nicht hinsetzen und sage: Jetzt schreibe ich einen Song mit diesem oder jenem Thema, und zwar als Ballade! Das klappt bei mir nicht. Aber noch passiert es oft genug, die Ideen kommen unregelmäßig, aber häufig. Ich kann nicht klagen.

Rockin‘ and Rollin‘: Was sind eure persönlichen Favoriten und Inspirationen in puncto Musik und warum?

Stevo: Bei mir ist es Swing, der mir viele Anregungen liefert, aber abgesehen davon das ganze Spektrum des Rock, Surf und Country. Ich kann mich bei vielen Songs genau daran erinnern, welche Musikstile sie inspiriert haben, und da würde sich sicher manch einer wundern – aber ich könnte es erklären.

Rockin‘ and Rollin‘: Eure Aussage ist, Rock’n’Roll muss laut sein. Aber ihr zeigt auch sehr gekonnt mit wunderbaren Songs, wie zum Beispiel „Nothing“ das es auch anders geht. Ein Widerspruch zu eurer Aussage?

Stevo: Nein, kein Widerspruch – ist etwas Rock’n’Roll, dann muss es laut sein. Aber „Nothing“ ist ja nun kein Rock’n’Roll-Stück. Wir verlassen hin und wieder das Hauptfahrwasser, schippern ein wenig durch die Nebenflüsse des Rock und kehren dann in den Strom zurück. Wir finden das wichtig, um abwechslungsreich zu bleiben und auch selbst den Spaß zu behalten – immer nur reindreschen ist ja auch langweilig. Aber wenn gedroschen wird – dann bitte auch richtig.

Rockin‘ and Rollin‘: Sehr gefallen haben mir eure Lockdown-Videos und deren Aussagen. Wie kam es zu der Idee?

Stevo: Die Lockdown-Videos sind entstanden, um den Kontakt zu unseren Zuhörern zu behalten. Wenn man nirgendwo spielen darf, kann einen niemand hören. Also muss eine andere Art der Interaktion her, und da muss man ganz klar sagen: Nie war es so einfach wie heute. Durch die sozialen Medien und die heute erschwingliche Technik kann man problemlos und mit ganz geringem Aufwand etwas machen, was den Leuten eine kleine Freude macht. Und man selbst bleibt im Gespräch, also ein Gewinn für alle. Und wenn es der Zufall will, passt ein Song dann sogar ganz gut – dass wir im Lockdown-Sommer mit „Lonely summer“ aufwarten konnten, war natürlich ein Riesenspaß für uns.

Rockin‘ and Rollin‘: Die Coronazeit, in der absolut nichts mehr ging, war für viele ziemlich hart gewesen. Wie habt ihr es rückblickend als Band empfunden und welche Auswirkungen hatt die Zeit für euch als Band?

Stevo: Wir sind bereits vor Corona durch eine ziemlich harte Zeit gegangen, da mehrere Positionen in der Band gewechselt wurden – Gesang, Bass und Schlagzeug. Das Ganze mitten in der laufenden Produktion zu unserem vierten Album. Daher war die Corona-Zeit beinahe so etwas wie ein Glücksfall für uns: Da es ohnehin keine Möglichkeit gab, irgendwo live zu spielen, konnten wir uns voll und ganz auf die Fertigstellung des Albums konzentrieren. Und zwischendurch haben wir ein bisschen live aus dem Proberaum gestreamt oder ein paar kleine Videos veröffentlicht. Insgesamt war es also für uns alles andere als langweilig.

Rockin‘ and Rollin‘: Jetzt wo man fast sagen kann, die Zeit nach Corona. Hat sich gegen die Zeit vor Corona etwas verändert, oder läuft alles wieder normal?

Stevo: Es läuft langsam aber sicher wieder an. Die ersten Live-Auftritte sind absolviert, wir arbeiten an neuen Projekten, weitere Gigs sind in Planung – läuft, wie man so schön sagt. Vor allem arbeiten wir auch an neuen Songs, damit unsere Hörer nicht so lange auf neues Material warten müssen wie beim letzten Album, dessen Fertigstellung – sie Frage zuvor – über vier Jahre gedauert hat.

Rockin‘ and Rollin‘: Was sind eure Zukunftspläne?

Stevo: Wir haben den Eindruck, dass sich bei vielen Menschen die Hörgewohnheiten verändert haben. Ganze Alben verlieren bei vielen Hörern mehr und mehr an Wichtigkeit, sie sind nicht mehr dieses „besondere Ding“, auf das wir früher bei unseren Lieblingsbands immer gewartet haben. Im Spotify-Zeitalter streamen die Leute Ihre Musik und lassen sich Songs von Algorithmen vorschlagen – da wird ein Album nur noch als eine diffuse Menge von Einzelsongs wahrgenommen. Deshalb wollen wir zunächst – bis auf Weiteres – immer kleine Bundle von Songs direkt auf den Streaming-Plattformen veröffentlichen und planen erstmal kein fünftes Album. Wir arbeiten an einer kleinen Überraschung für unser 20. Bandjubiläum in 2024 und wollen ansonsten viel live spielen – das will ja jede Band. Insgesamt sind wir recht zufrieden mit dem, was wir tun, und möchten gerne einfach so weiter gehen.

Rockin‘ and Rollin‘: Von euch ein paar Worte zu der Welt da draußen und euren Fans?

Stevo: Unsere Worte an die Welt draußen: Achtet auf das Web – wir werden zu unseren Neuveröffentlichungen hier und da auch mal ein kleines Video machen und freuen uns auf Eure Reaktionen. Folgt uns auf Facebook und Instagram, dann verpasst Ihr nix und bei der nächsten Pandemie wissen wir sofort, wie wir Euch erreichen können. Passt auf Euch auf und lasst Euch in keine Schubladen stecken – tun wir auch nicht!