auf ein Bier mit Stephan Griebel

Stephan Griebel ist aus der deutschen Rock’n’Roll Szene nicht mehr wegzudenken. Mit Bands wie den Dirty Doogies“, „Session Up“, „NYMONICS“, „Jive-o-Matics“, oder „Mad man Mike & the Rhythm Devils“ ist er, seit 1986 ein fester Faktor als Musiker in der Szene geworden. Seit 2020 sind nun vier Solo-CDs und eine Solo-EP mit vier Weihnachtslieder erschienen und haben für einen Begeisterungssturm in der Szene gesorgt. Das hat natürlich neugierig gemacht und ich habe Stephan Griebel ein paar Fragen zu seinen Solo-Projekten gestellt.

Stephan Griebel

weitere Infos:

Homepage: griebel-music.de

Stephan Griebel Seven – Come Eleven

Stephan Griebel – Fireball XL-5

Interview:

rockin‘ and rollin‘: Stephan, seit den 80er bist du musikalisch aus der Rock’n’Roll Szene nicht mehr wegzudenken. Sei es mit den „Dirty Doogies“, „Session Up“, „NYMONICS“, „Jive-o-Matics“, oder „Mad man Mike & the Rhythm Devils“, um nur ein paar Beispiele aus den vielen Bands zu nennen, an denen du beteiligt warst. Seit 2020 hast du mittlerweile vier Solo-Alben und eine Solo-EP herausgebracht. Wie bist du auf die Idee dazu gekommen?

Stephan Griebel: Es war nicht geplant. Schon seit sehr langer Zeit habe ich ein kleines Tonstudio, das eigentlich immer dazu diente, Song-Ideen aufzunehmen, um diese meinen Mitmusikern für die Bands zu präsentieren, hin und wieder Mitschnitte von den Bandproben zu mischen und schneiden, oder Aufnahmen mit der Band für CDs zu machen, die dann in einem professionellen Tonstudio weiterverarbeitet wurden (so geschehen bei Jive-o-Matics und TP-Special).
Im Corona-Lockdown konnte ich mit meinen Bands nicht auftreten und hatte außerdem mit meinem grafischen Betrieb von heute auf morgen keine Aufträge mehr. Ich fing zum Zeitvertreib rein aus Langeweile an, ein paar meiner Lieblingslieder komplett selbst aufzunehmen – einfach für mich zum Spaß.
Irgendwann habe ich meiner Christiane die Sachen mal vorgespielt, damit sie auch wusste, was ich da eigentlich in dem kleinen Studio im Hinterhof so treibe. Da ich ja allein ohne Mitmusiker am „Wursteln“ war, hat sie immer nur ein einzelnes Instrument, das ich gerade aufnahm, oder meinen Gesang (schlimmstenfalls eine monotone Chorstimme) gehört, aber nie alles zusammen.
Sie war begeistert und euphorisch riet sie mir, dass ich das unbedingt veröffentlichen muss. Ich war zwar ganz stolz auf mein Ergebnis, aber hatte meine Zweifel, da ich nicht wusste, wer denn an einem Tonträger von mir interessiert wäre und wo er ihn kaufen sollte, denn der Großteil der Platten und CDs meiner Bands wurde nun mal bei Auftritten verkauft, und damit würde ich ja niemals live auftreten (ich kann ja nicht alles zugleich spielen und singen)
Außerdem kannten die Leute vielleicht die Bands, von denen ich lediglich ein Teil bin, aber wissen doch nicht, wie die Typen heißen, die da mitspielen (lacht) So gesehen war ich völlig unbekannt und diese Idee zum Scheitern verurteilt.
Christiane ließ nicht locker, und so verfasste ich einen Post bei Facebook, in dem ich von den Aufnahmen berichtete, um zu sehen, ob Interesse an so etwas besteht. Dieses war doch bemerkenswert groß, sodass ich mich mit dem Gedanken anfreundete ein Solo-Album zu veröffentlichen.

rockin‘ and rollin‘: Wie gestaltet sich hierbei deine Songauswahl und was ist dir dabei wichtig?

Stephan Griebel: Es handelt sich eigentlich sich 2 Arten von Liedern: 1. Songs, die mir im Original sehr gut gefallen, die ich aber noch nie in einer Band gespielt habe (weil sie nicht passten oder weil meine Mitmusiker sie nicht wollten) 2. Titel, die ich immer sehr gern mit einer meiner Bands gespielt habe, die aber nicht mehr im Programm sind, oder die Bands gar nicht mehr existieren. Ich versuche die Songs immer zu interpretieren und nicht zu kopieren. Ein im Arrangement hörbarer Unterschied zum Original ist mir äußerst wichtig. Eine 1:1 Coverversion braucht in meine Augen niemand, da höre ich mir lieber das Original an. Ich habe auch großen Spaß daran, gute „unbekanntere“ Songs auszugraben, von denen es nicht schon hunderte von Coverversionen gibt.

rockin‘ and rollin‘: Die Resonanz auf deine Solo-Alben war ja enorm gewesen. Hast du damit gerechnet?

Stephan Griebel: Nein, überhaupt nicht. Ich war absolut überwältigt. Das erste Album war nach 10 Tagen komplett ausverkauft. Auch von den Folgealben habe ich nur noch überschaubare Restbestände. Nur der Ausflug in die Vinyl-Welt blieb in Form der Weihnachts-EP leider hinter den Erwartungen.

rockin‘ and rollin‘: Du hast deine Solo-Alben in Eigenregie gemacht und dann über Funkloch-Records umgesetzt. Warum dieser Weg, anstatt komplett unter einem Plattenlabel?

Stephan Griebel: Wie schon gesagt, als „Solo-Künstler“ war ich völlig unbekannt. Da wäre es illusorisch gewesen, zu versuchen ein etabliertes Plattenlabel davon zu überzeugen, in eine Produktion zu investieren, von der es niemals Promo-Auftritte geben würde, um die Sache bekannt zu machen; das dazu noch in einer Zeit, wo durch die Auflagen der Corona-Pandemie eh alles am Boden war. Es wäre in meinen Augen außerdem auch unverhältnismäßig gewesen, da ich von keiner sonderlich großen Anzahl verkaufter Tonträger ausging. Ein Label ist zwar nicht zwingend notwendig um einen Tonträger zu veröffentlichen, aber sehr sinnvoll zum Beispiel für Radio-Einsätze usw… Also fragte ich meinen Freund und NYMONICS-Bassisten Florian Hansmann, dem Funkloch-Records gehört. Er gestattete mir freundlicherweise unter seinem Label zu veröffentlichen, hat aber keinerlei finanzielle oder organisatorische „Aktien“ an den Produktionen. Das liegt alles bei mir.

rockin‘ and rollin‘: Englisch oder deutsche Songs, beides setzt du gekonnt um und gibst ihnen hierbei gelungen noch deine ganz persönliche Note. Hast du eine persönliche Vorliebe? Lieber englische oder lieber deutsche Lieder, oder ist das egal?

Stephan Griebel: Ganz klar englisch! Ich war überrascht, auf was für Schwierigkeiten ich stoße, in Bezug auf Aussprache und Ausdruck, als ich in meiner Muttersprache sang. Ich musste erst mal für mich einen Weg finden, dass es natürlich, vor allem nicht imitiert klingt (sehr viele der alten Originale wurden mit ausländischem Akzent oder Dialekt gesungen) und herkunftsbedingt auch nicht norddeutsch breit wie ein hamburger Hafenarbeiter rüberkommt (lacht). Ich wollte auch vermeiden, dass alberner Schlagerkitsch dabei herauskommt. Das war wirklich mein allererster Ausflug in den deutschsprachigen Rock‘n‘Roll – daher trägt das Album auch den Titel „So wie noch nie!“

rockin‘ and rollin‘: Warum setzt du deine Solo-Projekte limitiert anstatt unbegrenzt um?

Stephan Griebel: (Lacht) weil ich nun mal nicht „voll berühmt“ bin. Da ich bei meinen Alben ja auch den Vertrieb komplett selbst übernehme, sehe ich die Verkaufszahlen. Die kleine Auflage verkauft sich, alles darüber hinaus würde wie Blei im Regal liegen bleiben. Eine limitierte Auflage schafft zusätzlich bei einigen auch einen Kaufanreiz unter dem Motto, „wenn ich die CD jetzt nicht kaufe, bekomme ich vielleicht keine mehr.“ Sehr gern würde ich mehr Tonträger verkaufen, aber da es sich um ein reines Studio-Projekt handelt und mir eigentlich nur die Möglichkeit bleibt, meine Musik über das Internet publik zu machen, ist das so ein vernünftiger Weg, denn jeder produzierte Tonträger kostet nun mal auch Geld und die GEMA rechnet nach produzierter Auflage und nicht nach tatsächlichen Verkaufszahlen ab.

rockin‘ and rollin‘: Du konntest diese Projekte mit Unterstützung von Womanizer Pomade, Pomadeshop und dem Unleashed Magazin umsetzen. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Stephan Griebel: Wenn man einen Tonträger produzieren will, aber kein Geld dafür hat, wird das leider nichts. Also war Einfallsreichtum gefragt. Mir kam die Idee durch meinen Beruf, bei dem ich auch mit Anzeigen zu tun habe, über die sich letztendlich die Zeitschriften finanzieren (Der Verkaufspreis einer Tageszeitung am Kiosk deckt noch nicht mal den Papierpreis). Warum nicht Werbeflächen im Artwork der CD verkaufen? Ich fragte bei Michi vom Unleashed Magazin und bei meinen alten Freund Carsten von Womanizer Pomade an, erklärte ihnen mein Vorhaben und sendete ein paar Hörproben mit. Ich erhielt von beiden sofort eine Zusage. Carsten holte noch den PomadeShop mit ins Boot, sodass der größte Teil der Produktion somit gesichert war. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass sie auch bei den Folgeprojekten an mich glaubten und weiter in meine Projekte investiert haben. Erst dadurch war es möglich.

rockin‘ and rollin‘: Du hast bei jedem Album alles einzeln selber eingespielt, Backgroundgesang, zweite Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang usw.. Das Ganze dann perfekt miteinander gemischt und so eine rundum perfekte Sache daraus gemacht. Trotzdem, ich stelle es mir für jeden einzelnen Song einen riesigen Aufwand vor, bis der Song so ist, wie ihn du dir vorgestellt hast. Wie muss man sich diese Umsetzung arbeitstechnisch vorstellen und was für ein Zeitfaktor erfordert dann so ein Album?

Stephan Griebel: Am Anfang eines jeden Songs steht ein Zettel mit Akkorden (Noten kann ich leider nicht lesen), ein Textblatt und ein Metronom, das den Takt angibt. Ich nehme sogenannte Pilot-Spuren auf: Also das Metronom, eine Westerngitarre und Gesang. Diese Tonspuren dienen lediglich meiner Orientierung und sind im finalen Song nicht zu hören. Danach habe ich eine feste Reihenfolge: Schlagzeug, Bass, Rhythmusgitarren, Lead-und Sologitarren, Percussion, wie Rasselei, Klatschen, Bongos usw. dann kommt der Leadgesang und danach die Chorstimmen.
Ich habe zwar am Anfang eine Grundidee, aber während der Aufnahmen entsteht eigentlich erst das Arrangement. Es kann es schon mal passieren, dass sich die Lieder in eine ganz andere Richtung entwickeln, oder ich Songs halbfertig verwerfe, da sie mir nicht gefallen. Ich vergleiche es immer gern damit, ein Bild zu malen, das mit jedem Pinselstrich Stück für Stück Form annimmt. Es ist etwas völlig Anderes, als gemeinsam mit anderen Musikern zu spielen, wo man sofort alles hört.
Viel Zeit und Geduld muss man dafür schon haben. Jedes einzelne Instrument benötigt für ein ganzes Album 3-4 Tage (da ich auch viel herumprobiere). So kommen für die Aufnahmen mehrere Wochen zusammen. Dann muss noch alles geschnitten, gemischt und gemastert werden, Fotos, Bildbearbeitung und Artwork für das Cover, Booklet-Text und allerlei Organisatorisches, wie GEMA-Anmeldung, sodass ich mit Allem drum und dran 6-8 Monate beschäftigt bin. Ich mache wirklich komplett alles selbst. Einzig die Fotos macht meine Christiane.

rockin‘ and rollin‘: Nach dem Projekt ist auch immer vor dem nächsten Projekt. Was planst du als Nächstes?

Stephan Griebel: Zurzeit genieße ich es, wieder mit den NYMONICS gemeinsam Musik zu machen und aufzutreten, daher ist das Studio gerade verwaist. Aber ich habe noch reichlich Ideen und Pläne. Eine Fortsetzung des sehr gelobten deutschen Albums wäre möglich, und ich denke über ein Album mit komplett selbstgeschriebenen Liedern nach. Auch ein „All-Star-Album“ mit vielen Gastmusikern, die ich über die letzten 30 Jahre traf, stelle ich mir spannend vor – wenn auch sehr kompliziert in der Umsetzung … mal schauen – da kommt bestimmt noch was. Einfach hin und wieder mal unter www.griebel-music.de schauen.