auf ein Bier mit Dave Phillips

Dave Phillips hat mich schon 1982 mit seinem beeindruckenden Album »Wild Youth« in seinen Bann gezogen und bis heute bin ich ein großer Fan seiner Musik. Songs wie »Wild Youth«, »56 Boys«, »Love Me« oder Phillips Interpretation des Songs »Tainted Love« (Original von 1965 von Gloria Jones und 1981 ein Hit von Soft Cell) setzten Eckpunkte des damals noch im Anfang befindlichen neuen Rockabilly-Sound, dem Neo-Rockabilly. Und bis heute begeistert Dave Phillips mit seinem »wilden« Sound die Rock’n’Roller weltweit. Es freut mich sehr, dass ich die großartige Möglichkeit hatte, ihm ein paar Fragen stellen zu dürfen.

Dave Phillips

Interview:

rockin and rollin: Hi Dave, vielen Dank erst einmal das du dir die Zeit für uns genommen hast.

Dave Phillips: Vielen Dank Chris für die Einladung, meine Erinnerungen und Gedanken über die Musik, die wir alle so lieben, mit euch zu teilen.

rockin and rollin: Wie bist du zum Rock’n’Roll gekommen und was hat dich an der Musik so fasziniert?

Dave Phillips: Ich hatte als Kind immer gesehen, wie meine älteren Familienmitglieder sich jeden Samstagabend »rausputzten«, um dann tanzen zu gehen. Sie hätten am liebsten auch uns Kinder so rausgeputzt und hätten voller Freude gelächelt, wenn wir uns dann Löcher in unsere Socken und Schuhen getanzt hätten.
An den Wochenenden, wo man nicht unter die Leute gegangen war, wurde zu Hause Platten gespielt (die guten Rock’n’Roll Tapes … natürlich) und im Wohnzimmer getanzt, bis irgendwann der Teppich total abgenutzt war.
Um es einfacher zu sagen, ich bin irgendwie in den Rock’n’Roll hineingeboren und ich lebe immer noch dafür.

rockin and rollin: Wo war der Punkt, als für dich feststand, du wirst Rock’n’Roll Musiker und wie fandest du deine Liebe zum Slapbass?

Dave Phillips: Ich musste Musik spielen! Ich liebte die Trompete und mit 10 Jahren war es das erste Instrument, was ich zu spielen lernte. Immer wenn ich zum Trompetenunterricht ging, sah ich da diesen schönen Kontrabass in der Ecke des Raumes stehen. Ich realisierte, dass ich noch niemanden in den 70er Jahren gesehen hatte, der so einen spielte. Jeder wollte die neue, trendigere »Bassgitarre« haben.
Es war dann sofort für mich offensichtlich, dass wenn ich mit der Authentizität der Musik mit der ich aufgewachsen war und die ich so sehr liebte, eine andere Generation erreichen möchte, unfreiwillig dazu gezwungen war die Spinnweben von diesem verlassenen Instrument zu putzen und es aus dem Ruhestand zu bringen, um dann damit Musik zu machen und zu singen wie meine Helden aus der 40er / 50er Basskultur.
Eigentlich ganz einfach.

rockin and rollin: Welche Musiker haben dich mit ihrer Musik, sei es als Sänger, Songwriter oder auch Bassspieler beeinflusst?

Dave Phillips: Als Künstler und im Bereich der Musik genauer gesagt, basiert meine Palette auf alle möglichen Klängen. Ich könnte für den ganzen Tag über meine Lieblingskomponisten, Musiker und Arrangeure reden …
Wenn ich dann am Ende des Tages über all die tollen Musiker nachgedacht und geredet habe, liebe ich immer noch am meisten diejenigen Musiker, die mich gelehrt haben, die Musik so zu spielen, wie ich es tue. Es gibt viele Vorbilder, die mich auf meinem Weg begleitet haben. Ehrlich gesagt, die Liste von ihnen würde quer durch die ganze Musik gehen von Vivaldi, Cab Calloway … direkt zu Gene Vincent, die Beatles, Jimmy Cliffe, und weit darüber hinaus …
Jede Musik ist gute Musik für mich.

rockin and rollin: Dave, deine Musik hat den Rockabilly bis zur heutigen Zeit mit geformt. Welches deiner Lieder liegt dir persönlich am meisten am Herzen und warum?

Dave Phillips: Ich finde es sehr schwierig, ein einzelnes Lied auszuwählen und zu sagen das ist mein Liebling.
Es gab eine Menge Spaß und Drama um alle meine Songs gleichermaßen. Wenn ich meine liebste Phase in meiner Arbeit nennen müsste, würde ich sagen, dass es während der Zeit war, in der ich »Wild Youth« gemacht hatte.
Jedoch hatte ich das Gefühl, das ich erst, nachdem diese Phase vorbei war, wirklich begonnen hatte das Handwerk des Schreibens mit jedem Sinn der Weisheit zu meistern.
Ab da schienen meine Songs anzufangen eher wie klassische Symphonien rüber zu kommen und passten nicht mehr zusammen mit dem Rock’n’Roll-Flavour, trotzdem habe ich es genossen, diese Musik zu machen und alle meine Kinder haben es immer noch geliebt sie zu hören.
Ich glaube, ich kann es wie folgt zusammenfassen, dass meine herzlichste Komposition das nächste Lied sein wird, das ich schreibe.

rockin and rollin: Das Album »Wild Youth« war für mich eines der besten Alben des Rockabilly gewesen. Songs wie »Wild Youth«, »56 Boys«, »Tainted Love« oder das Phantom Cover »Love me« sind einfach Meilensteine des Rockabilly. Wie entstanden die Songs und wie ist rückblickend deine Sicht zu dem Album?

Dave Phillips: Schau mal, wie ich den einsamen Double Bass in der Ecke des Musikraumes unserer Schule entdeckte, das war ein sehr ähnliches Gefühl wie das, auf das ich hörte und es immer noch tue, wenn ein Lied entsteht. Mein Bauchgefühl für einen guten Song hat die gleiche Ebene.

rockin and rollin: Was war aus deiner Sicht das größte Highlight deines Lebens und deiner musikalischen Karriere?

Dave Phillips: Die Entdeckung, dass ich auch andere Berufe in der gleichen Zeit wie meine Karriere als Vater und ein Handwerker in vielen Bereichen haben konnte.
Ich schätze das Leben und die Menschen und alles aus der Welt um mich herum. Der Höhepunkt meiner Karriere war, das Privileg zu haben, mich mit einem solchen Segen engagieren zu können.

rockin and rollin: Über 30 Jahren Musik und unzähligen Auftritten in der ganzen Welt und immer noch so voller Power und Leidenschaft, mit der du überall deine Fans begeisterst. Woher nimmst du die Kraft dafür?

Dave Phillips: Ich muss bei dieser Frage schmunzeln. Chris, ich werde dasselbe so oft von meinen Klempnerkunden, Freunden bei Konzerten und meinen Kindern gefragt.
Irgendwie fühle ich, dass ich bei der Geburt mit einem starken, tapferen Herzen gesegnet wurde und das ein Leben als Vegetarier mit so viel »grünen Stoff« einfach hilft, aber am Ende des Tages fasst es unsere Rock’n’Roll-Szene gut zusammen:
»Rock’n’Roll wird niemals sterben, also werde ich es auch nicht.«
(Obwohl wir alle natürlich irgendwann sterben werden)
Also sage ich mir jeden Morgen »mach das Beste daraus und gib mehr zurück«

rockin and rollin: Gibt es eine kleine Anekdote von einem deiner Konzerte, die du uns erzählen magst?

Dave Phillips: Genau bei dieser Frage schwöre ich, könnte ich lachend herumhüpfend ein Buch von wundervollen Anekdoten über meine Zeiten auf der Straße schreiben.
Die Erinnerungen sind endlos vom Treffen und Zeit verbringen mit anderen großen Rock’n’Roll-Künstlern, ernsthaft ich werde dieses Buch schreiben.
Aber an dem Tag, an dem ich im Alter von 18 Jahren von einer Straßenecke in Hollywood Rocky Burnette zu Hause angerufen hatte, wurde mein Leben auf den richtigen Kurs gebracht und von da an haben dessen Vater und Onkel mich »beschützt und begleitet« wie die Flügel eines Engels.
Du willst von mir, dass ich eine Anekdote erzähle? Aber ich habe so viele dieser Schönheiten zu teilen … ich muss wirklich mein Buch schreiben. Wo würde ich anfangen?
Lernen, wie man einen Fahrerwechsel im Bandbus macht, während man die Geschwindigkeitsbegrenzung einhält und dann aus der Tür von den Stufen des Busses pisst, bevor ich mich zurück in den Fahrersitz drehe. Solche Sachen.

rockin and rollin: Wie empfandest du die 80er als Musiker und wie war für dich persönlich der große Erfolg den du erst als Teil der Blue Cats und dann als Dave Phillips & Hot Rod Gang hattest?

Dave Phillips: Alles fühlte sich von Anfang an sehr langsam, allmählich entwickelnd und undefinierbar an. Wir hatten keine Ahnung, was wir wirklich taten, aber wir versuchten unser Bestes, um eine musikalisch-kulturelle Atmosphäre lebendig zu halten. Jung zu sein und dabei aufregende Zeiten zu haben, ging eigentlich schneller als wir dachten.

rockin and rollin: Wie hat sich aus deiner Sicht der Rockabilly und die Musik von den 80er bis heute entwickelt? Gibt es Unterschiede zu damals?

Dave Phillips: Nur in so viel, wie sich die Menschheit entwickelt und entwickelt hat. Neues Blut brachte neue Geschichten und musikalische Interpretationen.

rockin and rollin: Dave, wie würdest du das Wort »Rockabilly« als persönliche Bedeutung für dich beschreiben?

Dave Phillips: Erweiterter Familienkreis! Die Musik und die Bezeichnung, die wir dem »Rockabilly« gegeben haben, ist nur ein Begriff, um eine globale Gemeinschaft zu beschreiben.
Für mich persönlich bedeutet das Wort Tanzen und Spaß im Leben haben und das mit tollen Leuten in einer fantastischen Stimmung.

rockin and rollin: Gibt es noch einen musikalischen Traum, welchen du dir gerne erfüllen möchtest und wenn ja welchen?

Dave Phillips: Ich habe viele einsame Stunden verbracht, während ich zeitlich zwischen der Arbeit und der Familie pendelte. Während dieser Zeit in der mein Verstand ständig an einer Symphonie arbeitet, würde ich es leidenschaftlich lieben, zu produzieren. Ich schaffe Melodien in meinem Kopf und interpretiere sie dann zuerst auf die Flöte und fange dann an, an anderen Instrumenten zu arbeiten. Es war eine sehr lange Zeit ein heiliger Moment für mich als Künstler und je länger es geht, um so reicher und schöner wird es in jeder Facette.
Wenn du bei YouTube nach einem Kurzfilm namens »Work By Christian« schaust, kannst du dir einen Eindruck dieser Symphonie in einem Großteil des Soundtracks machen.

rockin and rollin: Mit dem »The Wild Youth Weekender.« Projekt förderst du Nachwuchsbands. Was kannst du uns zu dem Projekt erzählen?

Dave Phillips: In meinem Leben als Künstler bin ich Mentor für viele jüngere Künstler geworden. Ich erinnere mich, wie es für mich selber kostbar war, in der Lage zu sein, einige meiner inspirierenden Vorbilder zu treffen, die mich in meinem Streben nach einer Karriere in der Durchführung von Künsten und den Geisteswissenschaften im Allgemeinen ermutigten.
Jetzt als ich den Herbst meiner Jahre und meiner Karriere erlebe und darüber nachdenke, wie glücklich ich bin, entschied ich, dass es ein organisiertes Event geben sollte, in dem neue Talente aus unserer Rock’n’Roll-Szene Kontakt mit Talentsuchern finden und mit ihnen arbeiten sollten.
Grundsätzlich liebe ich es, zu beobachten, wie neue Talente mit ein wenig Ermunterung aufblühen.

rockin and rollin: Dave, wie sind deine Pläne und Wünsche für 2017?

Dave Phillips: Chris, um brutal ehrlich zu sein, mein Leben fühlt sich zur Zeit wie ein chaotisches Durcheinander von Zufällen an.
Als Reisender, Handwerker, Künstler oder Geschäftsmann finde ich zunehmend, dass Flexibilität und Fließfähigkeit meine besten Kumpels sind, wie schon in der vergangenen Zeit meiner langen Karriere.
Als Buddhist habe ich gelernt, Pläne auf der Grundlage von Erwartungswerten zu minimieren.
Um offen und ein wenig deutlicher zu sein:
Jeden Tag wache ich auf und weiß, dass wenn ich noch Musik, Kunst, Liebe und Inspiration in meiner Seele und in jeden Atemzug, den ich nehme, habe, kann ich mich freuen, die Welt und die Leute darin oder um mich herum zu genießen.
Meine einzigen Pläne und Wünsche basieren immer auf diesem Prinzip und den Handlungen dieser Elemente.
»Ich bin ein harter und gefährlicher reisender Mann, der sicher ist, dass er bei einer Party in Ihrer Nähe bald auftauchen wird«.

rockin and rollin: Vielleicht noch ein paar Worte zu deinen deutschen Fans?

Dave Phillips: Fans?
Diese Leute sind nicht meine Fans … sie sind meine Freunde.
Ich habe so viele wunderbare Erinnerungen in meiner riesigen geistigen Bibliothek von Liebe, Freundlichkeit, Respekt und die erstaunlichsten Unterstützungen von so vielen dieser Freunde im Laufe meiner Karriere und in meiner Zeit in Deutschland erhalten.
Ich habe immer das Gefühl gehabt, ein Teil dieser Familie zu sein.
Ehrlich gesagt war es überall so konsequent schön.
Zu allem und jedem meiner Freunde, die mir so sehr wichtig sind, muss ich sagen: Danke! Ich liebe euch und Segen für euch alle.

rockin and rollin: Dave, ich danke dir sehr für dieses tolle Gespräch!