auf ein Bier mit den Hellabama Honky Tonks

Besonders schön ist es, wenn man über eine Band »stolpert« die zwar schon recht bekannt ist, welche man aber persönlich gar nicht so auf dem Schirm hatte - so geschehen mit den »Hellabama Honky Tonks«. Neugierig, wie ich nun einmal bin, schnupperte ich in ihr neues Album »Barbershop of Death« und war so begeistert, dass die Scheibe hier bei mir nur noch hoch und runter gespielt wurde. Somit war es nur noch ein kleiner Schritt die Jungs mal »auf ein Bier« einzuladen und Goldi, den Leadsänger und Kopf der »Hellabama Honky Tonks« ein paar Fragen zu ihrer Band und ihr neues Album »Barbershop of Death« zu stellen.

Hellabama Honky Tonks

Hellabama Honky Tonks:
Goldi: Vocals, Sixstring
Hias: Doghouse Fiddle, Backvox
Simon: Drums, Backvox
Plattenfirma: Part Records
Booking: https://www.facebook.com/hellabamahonkytonks/
Weitere Infos:
- Facebook: Hellabama Honky Tonks

Interview:

rockin and rollin: Goldi, ihr seit jetzt zehn Jahre als Band aktiv, habt vier Alben rausgebracht und habt euch mittlerweile besonders im süddeutschen Raum eine große Fanbase erspielt. Aber bitte mal kurz eine kleine Vorstellung für alle, die die »Hellabama Honky Tonks« bisher noch nicht kannten. Wer sind die »Hellabama Honky Tonks« und wie ist euer musikalischer Hintergrund?

Goldi: Ok, dann mal los! Die »Hellabama Honky Tonks« sind der Mathias, zu bayerisch „Hias“, am Bass und an den Backgroundvocals, dann der Simon am Schlagzeug und meine Wenigkeit an der Gitarre und den Leadvocals. Wir kommen aus Niederbayern und „do samma dahoam!“ Jeder von uns hat schon immer in irgendwelchen Bands gespielt, aber die aktuelle Besetzung gibt es erst seit Anfang 2016. Was uns eint, und das ist uns schnell klar geworden, ist die Liebe zur Musik und, nicht minder wichtig, dieselbe Art von Humor, die immer leicht schräg und nicht immer ganz leicht nachzuvollziehen ist! Die Frage nach den musikalischen Hintergründen ist gar nicht so einfach zu beantworten. Während ich praktisch mit Elvis und Johnny Cash aufgewachsen bin und meistens Sachen höre, die irgendwo im „Billybereich“ zu verorten sind, ist es bei unserem Basser, dem Hias so, dass er, angefangen von der Musik der 50er Jahre bis hin zu Heavy Metal-Sachen alles hört. Und unser Drummer ist ein ganz spezieller Fall: Es gab da mal eine Begebenheit nach einer Show in der Steiermark. Wir wollten mit dem Taxi ins Hotel und kamen an so einer Großraumdisco vorbei, die als Technopartytempel dort unten recht bekannt ist. Das Ende vom Lied war, dass der Simon auf der Tanzfläche zu irgendwelchen harten Housebeats abfeierte, während unser Basser und ich uns ein Bierchen im Biergarten der Disco genehmigten. Da wurde diese Musik zum Glück nicht gespielt und wir hatten unsere Ruhe. Das sagt ja schon viel über den musikalischen Background der Band, nämlich, dass das alles mitunter recht unterschiedlich ist…

rockin and rollin: Wie seid ihr als Band zusammengekommen und wie waren die Anfänge?

Goldi: Ok, wir haben ja schon ein paar Besetzungswechsel, teils aus beruflichen, aber teils aus durchaus persönlichen Gründen hinter uns. Deshalb beschränke ich mich auf die aktuelle Besetzung der Band. Den Simon, unseren Drummer, hatte ich schon seit Jahren auf dem Schirm. Ich hatte ihn schon ein paar Mal gefragt, ob er denn Lust hätte, bei uns mitzumachen. Allerdings hatte er noch andere Projekte am Laufen, weshalb es bis 2016 dauerte, bis er dabei war. Und hier kam auch der Hias ins Spiel, den ich zwar kannte, den ich aber in diesem Moment nicht auf dem Schirm hatte. Das änderte sich erst, als ich mir eine neue Klampfe kaufte. Der Musikalienhändler, ein gemeinsamer Kumpel von Hias und mir, hat mir dann den entscheidenden Tipp gegeben. Tja, und dann steht man das erste Mal im Proberaum mit Jungs, die man nur selten zuvor getroffen hat, mit einer langen Setlist, die Zeit sitzt einem im Nacken, weil diese ganze Besetzungsgeschichte ja während der laufenden Gigs passierte, und presst sich innerhalb kürzester Zeit das Programm und die Songs für das neue Album rein. Die sollte man ja auch üben, bevor es ins Studio geht. Hat blendend funktioniert. Hut ab vor meinen Jungs, da das Ganze wirklich zeitintensiv war. Das sind super Musiker und überhaupt recht coole Burschen! Deshalb sind wir, und das meine ich ganz ernst, eingespielt wie noch nie. Tja, manchmal braucht man halt den Druck, der kann da ganz förderlich sein.
Was sind eure persönlichen Favoriten in Punkto Musik? Nun, diese Frage kann ich mit Gewissheit nur für mich, aber nicht für meine Jungs beantworten: Ich mag alles, was mit echten Instrumenten handgemacht ist, was ja für nahezu alles im Rockabillybereich zutrifft. Setzer ist so ein Name, klar. Reverend Horton Heat auch. Die alten Haudegen wie Perkins, Lewis, Presley und Cash kommen mir da in den Sinn, oder auch Johnny Burnette, Dick Dale, die Sonics oder die Blasters. Nick Curran war ein absoluter Ausnahemusiker, mit dem ich gerne noch gespielt hätte. Oder auch die Kings of Nuthin‘. Und einige Bands, die wir persönlich kennen: Das neue Album der Peacocks ist, finde ich, genial, und ich mag Voodoo Swing aus Arizona sehr gerne. Ich finde, die haben es echt drauf, dem Rockabilly einen kräftigen Schuss Blues zu verpassen. Der Shorty ist da echt eine Marke an der Gitarre und am Gesang. Mit Sicherheit gibt es noch ganz viele Favoriten, aber die hier alle aufzuzählen, sprengt wahrscheinlich den Rahmen…

rockin and rollin: Seit 10 Jahren als Band in der Szene, wie hat sich die Szene entwickelt, wie habt ihr euch entwickelt?

Goldi: Ich glaube, die Szene ist hinsichtlich ihrer Immanenz in den letzten zehn Jahren stabiler und toleranter geworden, was man ja auch am gemischten Publikum sieht, das da vor der Bühne steht. Find ich gut. Wenn sich Subgenres, die in der Summe die Szene ergeben, gegenseitig das Wasser abgraben, ergibt das keinen Sinn, weil es zwangsläufig zum Ende der Szene führt. Folglich ein Widerspruch in sich. Zum zweiten Teil der Frage: Es war am Anfang eigentlich überhaupt nicht klar, wo die Reise hingehen soll. Unser erstes Album „Six Feet Under“, das 2009 erschien, bestand, entgegen des Albumtitels, der ja eher an Psychobilly erinnert, eigentlich zum größten Teil aus Rock’n’Roll- Standards im 12 Bar-Bluesschema. Aber im Laufe der Jahre wird man einfach experimentierfreudiger. Wir mögen es, auch mal unkonventionelle Akkordfolgen auszuprobieren, die man im klassischen Rockabilly oder Rock’n’Roll nicht findet. Mag sein, dass das in einzelnen Fällen zu einem „Naserümpfen“ führt, aber hey, die Wiederkehr des ewig Gleichen kann ja auch nicht das Maß aller Dinge sein.

rockin and rollin: Goldi, du bist der Songwriter in euer Band, aber wie entstehen eure Lieder dann im Gesamtbild? Kommst du mit einer Textidee und die anderen spielen dann rein oder wie läuft das bei euch?

Goldi: Die Textideen kommen meistens erst später. Normalerweise läuft das so ab, dass ich zuhause in meinem Gitarrenzimmer sitze, die Strat an den Amp anstecke, und dann drauflos klampfe. So entsteht zumeist ein fertiges Intro für irgendeinen Song. Dann entwickelt sich auch schon die Akkordfolge für den Refrain. Dann kann es sein, dass dieses Gerüst ein paar Tage oder Wochen brach liegt, weil wieder neue Ideen zu neuen Songs im Kopf entstehen. Im Laufe dieser Zeit entwickeln sich dann gewisse Storylines für die Texte und die Akkordfolgen für die Strophen. Oder es geht mal ganz anders rum, also dass ich einen Refrain im Kopf habe, dann die Strophe etc. Oder aber ein Song wartet nur darauf, geschrieben zu werden. Der ist eigentlich schon da und will nur aus dem Kopf raus. Egal: Mit diesem Rohmaterial gehen wir dann in die Probe und hier wird ausprobiert, Ideen der Jungs fließen ein, Beats wie beispielsweise Swing, Trainbeat etc. werden mit Breaks und Double- oder Halftime variiert und ausprobiert. Basslines werden getestet, für gut befunden oder gestrichen und sich was Anderes überlegt. Das Lustige ist, dass am Ende der Probe was ganz anderes rauskommt als das, was man ursprünglich beim Betreten des Proberaums im Kopf hatte, was dabei rauskommen könnte. Konjunktivisch gesprochen. Klingt vielleicht komisch, aber so funktioniert das für uns.

rockin and rollin: Woher holst du die Inspiration und Ideen zu euren Songtexten?

Goldi: Gute Frage, weil ich glaube, dass es hier kein Patentrezept gibt bzw. wenn es eines geben sollte, ich das Ding noch nicht gefunden habe. Oft liegt ein Witz zugrunde oder eine Situation, die den Anstoß liefert. Letzteres war bei dem Song „Where the hell did my front teeth go“ der Fall. Ein Kumpel hat sich mal einen Zahn ausgeschlagen, ich habe das Ganze dann vom Kontext her etwas entfremdet und das Setting einer wilden Kneipennacht benutzt, um die Story zu entwickeln. Der Song „Barbershop of Death“ war im Prinzip als ironische Variation der Geschichte des Dr. Faust geplant, hat sich aber dann irgendwie verselbstständigt.

rockin and rollin: Besonders gut finde ich bei euren Songs, dass ihr nicht alles so bierernst nehmt, sondern in euren Texten findet man immer wieder ein Schuss Ironie und kleines Augenzwinkern. Wie wichtig ist dir selber dieser Humor in deinen Songs?

Goldi: Wir Bayern sind halt ein lustiges Völkchen! Nein, ich denke, die Welt ist an manchen Tagen nur mit Humor zu ertragen. Da kann ein Augenzwinkern manchmal nicht schaden. Von daher: Sehr wichtig!

rockin and rollin: Aber kommen wir zu eurem aktuellen Album »Barbershop of Death« welches vor kurzen erschienen ist. Was macht es aus eurer Sicht besonders?

Goldi: Es hat fünf ganze Jahre gedauert, bis das Ding mal so weit war, dass wir es damit ins Aufnahmestudio geschafft haben, was es schon mal besonders macht. Aber dadurch konnten wir anders an die Sache herangehen: Wir hatten diesmal schlichtweg mehr Songs auf Lager, die für das Album in Frage kamen, und da haben wir dann sozusagen die „Best Of“-Songs behalten, während einige Überbleibsel für ein neues Album Verwendung finden oder zur Gänze auf den Müll wandern. Dies war nicht immer der Fall. Manchmal stand der Studiotermin schon, aber die Songs waren noch nicht fertig. Böses Foul! Außerdem war es im Studio dieses Mal teilweise echt spannend, weil wir auch während des Aufnahmeprozesses viel mehr bei den Arrangements ausprobiert haben als bei den vorherigen Alben. Und der Frans, unser Aufnahmehäuptling, ich nenne ihn jetzt mal so, weil ich weiß, dass er diese Bezeichnung insgeheim gut findet, hat eine coole Sammlung von richtig alten Mikrofonen, die wir alle durchprobiert haben. Er hatte übrigens auch richtig abgefahrene Ideen, die den einzelnen Songs teilweise noch das Sahnehäubchen aufgesetzt haben. Ein Beispiel hierfür wäre die Verwendung eines Fuzzpedals und eines Crybaby. Das sind Gitarreneffekte, die im Rockabilly meines Wissens nach sehr selten vorkommen. Wir haben’s probiert, für uns hat es funktioniert und wir sind mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. An dieser Stelle nochmal: Danke, Frans!

rockin and rollin: Besonders die musikalische Vielfalt, Sound und klasse Umsetzung eurer Songs haben mir in eurem aktuellen Album »Barbershop of Death« sehr gefallen. Es ist schwer es zuzuordnen, in eurem Sound spürt man eine Mischung aus Rockabilly, Punk, Surf, Swing, Country, Psycho und noch einigen anderen Stilen, welche ihr genial zu eurem Sound macht und in dem Album gekonnt rüber bringt. Hut ab, klasse Wiedererkennungswert und super Mischung. Alles ist vertreten, mal etwas rockiger, mal ruhiger, mal punkiger, mal swing – es kommt keinen Moment Langeweile auf, sondern man hangelt sich von einem Highlight zum nächsten! Wie hat sich euer Stil entwickelt und wie würdet ihr ihn selber beschreiben?

Goldi: Yeah! Vielen Dank! Da werd‘ ich ja gleich rot! Im Prinzip liegt die Antwort bereits in der Frage: Unser Stil hat sich über die Jahre praktisch verselbstständigt. Wir legen es nicht darauf an, zu sagen, wir brauchen für das nächste Album noch zwei Rock’n’Roll-Standards, einen Punksong, dann noch einen Trainbeat, einen Swing etc. und fertig ist der Zaubertrank. Das kommt, wie es kommt. Wichtig ist uns, dass wir das machen, was wir machen wollen, und unsere musikalischen Werkzeuge hierfür sind immer eine angezerrte E-Gitarre, ein Kontrabass und ein Drumset. Den vielzitierten Vergleich mit dem V8 Motor spare ich mir hier mal. Textlich würde ich sagen, dass wir uns teilweise im Klischee bewegen oder in dessen Ironisierung. Das kommt drauf an.

rockin and rollin: Bei den Songs im Album »Long Live Rock’n’Roll« und »Barbershop of Dead« hatte ich ganz kurz das Gefühl…WOW »Die Waltons« in ihrem Stil wie damals auf ihrem Album »Goin’ Rodeo« sind wieder da. Sind die Songs an den »Waltons« angelehnt, oder eher Zufall?

Goldi: Die Frage finde ich so geil! Ich kann dir auch sagen, warum: Dieser Vergleich wurde vor kurzem erst in einer Rezension des neuen Albums aufgegriffen und ich dachte: Was hat diese alte Fernsehserie denn bitteschön mit uns zu tun? Dann habe ich mal Youtube bemüht und war echt überrascht. Auch wenn es seltsam klingt: Ich kannte die Band bis dato gar nicht! Aber ich gebe dir absolut Recht, da sind schon Parallelen erkennbar. „Goin‘ Rodeo“ hab ich mir dann gleich mal geordert!

rockin and rollin: Was ist dein persönliches Highlight in eurem Album »Barbershop of Death«?

Goldi: Sind alle genial! Scherz beiseite: Mit Sicherheit gehört „Howlin‘ at the moon“ dazu, weil wir als Gastmusiker am Saxophon meinen Dad gewinnen konnten. Man muss dazusagen, dass er seit einigen Jahren nicht mehr in Bands spielt. Er spielt zwar nach wie vor, aber eher im privaten Rahmen. Da hat es uns sehr gefreut, dass er den Spaß mitgemacht hat. Ich mag „Long live Rock’n’Roll“ sehr gerne, weil bereits der Titel des Songs alles sagt, was gesagt werden muss. Dieses Lied und „When my baby gets drunk“ gehören zu den Schmankerln, weil diese beiden Songs live super funktionieren und das Publikum wunderbar mit uns interagiert. Und ich mag den Titelsong des Albums, weil der Text einfach nur herrlich schwachsinnig ist.

rockin and rollin: Man spürt bei eurer Musik die Power, Spaß und Begeisterung, die ihr als Musiker habt. Was bedeutet die Musik für euch selber?

Goldi: Wenn Musik einen nicht täglich umgibt, ergibt es keinen Sinn, sie zu machen. Und wenn, ich spreche hier auch für meine Kollegen, wir sie nicht wirklich hören, haben wir sie immer im Kopf. Sie ist und bleibt sowohl Unterhaltungsprogramm als auch Mittel zur Meditation und eine Art Therapie. Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Liedchen her, so könnte man das ggf. formulieren.

rockin and rollin: Im hohen Norden von Deutschland seid ihr ja weniger unterwegs, wird sich das zukünftig ändern?

Goldi: Das stimmt, wir sind viel im süddeutschen Raum, mitunter in der Schweiz und in Österreich unterwegs. Aber ein paar Mal im Jahr verschlägt es uns schon mal in den Norden. Wenn dies hier allerdings zufälligerweise ein Booker liest: Gerne! Immer her mit den Anfragen! Braucht nicht der Norden sein, kann überall sein!

rockin and rollin: Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Goldi: Nun, wir sind für 2017 recht gut gebucht, das ist auch wunderbar, weil ja das neue Album mit Livegigs am besten zu promoten ist. Und auch für 2018 stehen schon wieder sehr coole Shows an. Das Leben auf der Straße ruft! Und langsam aber sicher werden wir uns dann, das wird Ende 2017 sein, wieder an das Songwriting für Album Nummer 5 machen. Da ist mittlerweile schon wieder ein bisschen Songmaterial zusammengekommen. Wir wollen ja die Leute, nachdem das letzte Album fünf Jahre gedauert hat, nicht mehr so lange warten lassen.

rockin and rollin: Ok, die letzten Worte an eure Fans gehören dir!

Goldi: Sehr gerne, danke! Folks, bleibt sauber, lasst euch nicht unterkriegen! Geht zu den Konzerten und unterstützt eure lokale Szene! Wir sehen uns on the road, bei einer Show oder danach an der Bar! Cheers and keep on rollin‘!

rockin and rollin: Goldi, ich danke dir sehr für das Interview!

Goldi: Bitteschön! Sehr gerne!