auf ein Bier mit den Retromantics

The Retromantics

Ihr abwechslungsreiches Repertoire an DooWop und Acapella, gemischt mit ihrer mitreißenden Energie, Ausstrahlung, Können und Spielfreude, lässt keinen lange auf den Stühlen sitzen. Die Füße wippen, die Hüften wackeln - es zieht ein automatisch auf die Tanzfläche und los geht’s. DooWop vom Feinsten!

Interview:

Beim DooWop im Norden waren die »Retromantics« für mich persönlich DIE Band des Abends gewesen und da wird man neugierig! Wer oder was steckt hinter den »Retromantics«? Kurzentschlossen haben wir sie mit ein paar Fragen gequält.

rockin and rollin: Die »Retromantics« bestehen seit 2001, könnt ihr uns einen kleinen Überblick zu der Entstehung und der Geschichte der »Retromantics« geben?

Retromantics: Ich glaube es war 2001, da erhielt ich (Jan) eine Email von Bart, der damals bei den »Fairytales« aus Burgdorf gesungen hatte, jedoch kürzlich nach Hamburg umgezogen war und eine neue Gruppe suchte. Den Kontakt zu mir hatte damals Frank Lüders von den »Chotalls« aus Hamburg weitergegeben, denn man kannte sich und ich hatte mit den Jungs bereits mehrfach bei Veranstaltungen in Hamburg gejammt. Der Zeitpunkt war damals günstig, denn ich hatte zu dem Zeitpunkt nur ein kleines Projekt laufen, mit dem wir als »4 Dimes« für 2 Wochen allabendlich auf dem Stuttgarter Weinfest auf dem Hamburger Rathausmarkt Rock’n’Roll, Oldies und Doo Wop zum Besten gaben. Die »4 Dimes« bestanden aus Wieland Vogt und Peter Born von den »Chotalls«, Claudius Völker und mir. Also kam Bart einfach mal zu unserem Gig vorbei und zusammen mit Frank beschlossen wir, eine neue Acapella-Doo Wop-Gruppe zu formen. Weitere Mitstreiter wurden gesucht und mit Marcus »Mausi« (ex-Bass von den »Four Flops« aus Hamburg – später in »Fabulous Flops« umbenannt) und Frank »Chuck« Söchtig gefunden, den Bart noch aus seinen Tagen in Celle kannte.
Dann fingen die Proben an und nach und nach stand dann das erste Repertoire, welches hauptsächlich aus weißen Doo Wop Klassikern bestand. Die ersten Auftritte hatten wir dann so ab 2002 erst im privaten Rahmen (Hochzeiten, Geburtstage, etc.) und in Form von gelegentlichen Auftritten als Straßenmusiker in Hamburg und auf dem Celler Altstadtfest, um den Zirkel der Auftritte zu vergrößern. Ein wichtiger Schritt war, Denise als neue Lead-Sängerin gewinnen zu können, die Frank Lüders ablöste und Karsten, der für Frank Söchtig in die Gruppe kam. Mit Lutz Degenhardt kam ein weiterer erfahrener Acapella-Sänger zu uns, der seitdem den Part des Bariton-Bass-Sängers übernimmt.
Die Umbesetzungen und auch das Konzept mit der Mundpropaganda funktionierten gut und langsam kamen eine Menge Auftritte zusammen, die uns zu Festivals in Schweden und Dänemark, Gigs in ganz Deutschland und sogar bis nach Spanien (Barcelona) brachten.

rockin and rollin: In der Anfangszeit wart ihr eine andere Formation als jetzt, wie kam das, was hat sich verändert?

Retromantics: Nichts ist so beständig, wie der Wandel. Das gilt ganz besonders für Acapella-Gruppen, da hier Wechsel relativ einfach vollzogen werden können, da keine Instrumente ausgetauscht werden müssen, sondern „nur“ die jeweilige Stimme.
Wie schon angedeutet, haben wir einige personelle Veränderungen in der Gruppe gehabt, die uns zeitweilig immer wieder von vorne haben anfangen lassen, aber dass wir Denise als Sängerin gewinnen konnten, war echt ein Glücksgriff für die »Retromantics«. Mit ihr und Karsten verfügten wir schließlich über zwei hervorragende Leadsänger. Somit konnten wir jetzt eine noch größere Bandbreite an Songs singen - von Doo Wop Standards über den Kiddie-Sound (Lewis Lymon / Frankie Lymon / Chanters / Kodaks) bis hin zu Girl-Group Songs (One Fine Day etc.). Das ist für uns eine große Erleichterung, da sich somit ein Leadsänger immer etwas in den Backgrounds »erholen« kann, wenn der andere gerade die Leadstimme singt. Auch das Publikum profitiert davon, weil sich nicht jedes Stück gleich anhört und es so spannend bleibt.
Denise war vor ihrer Zeit bei den »Retromantics« bereits lange Zeit als Sängerin mit einer Coverband namens »Junkfood« unterwegs gewesen und über den gemeinsamen Bekannten Frank Buttgereit mit Doo Wop bestens vertraut. Frank ist vielen in der Szene als langjähriger Bassmann der »Belangels«, der »Four/Fabulous Flops«, oder der »Crystalairs« bekannt. Daher kannte Denise auch alle Songs, die wir damals im Programm hatten und konnte gleich voll einsteigen. So hatten wir unseren ersten Auftritt mit Denise auch bereits nach sehr kurzer Einübungszeit.
Kurz vor unserem großen Comeback-Auftritt bei „DooWop im Pott Vol.2“, der 2015 in Essen stattfand, mussten wir leider eine weitere Änderung der Besetzung vornehmen und unseren Leadsänger Karsten ersetzen. Eine ziemliche Herausforderung für uns – so zwei Wochen vor dem Auftritt… Glücklicherweise erklärte sich Manuel Boeglin (ein Mitglied von Bart’s zweiter Gruppe den »Fairytales«) sofort bereit, die stimmliche Lücke zu füllen. Jetzt „nur noch“ die Besetzung der Instrumente anpassen: Randy Richter weg vom Schlagzeug und an sein Hauptinstrument die Gitarre – eine weitere Lücke, die Karsten hinterließ und einen neuen Schlagzeuger finden… Durch frühere Auftritte kannte ich den sehr fähigen Schlagzeuger Hendrik Frommhold und fragte ihn, ob er uns unterstützen wolle, was er auch gerne tat, da er neben seiner eigenen Band den »Chilkats« noch etwas Zeit hatte.
Wie heißt es noch so schön in einem Song der »Turbans«? – B21, I35, N19, G26, O64 – BINGO! Damit hatten wir dann unsere derzeitige Formation gefunden.

rockin and rollin: Doo Wop und Acapella sind die hohe Kunst, denn hier müssen Gruppe, Stimme und Arrangement perfekt miteinander harmonieren. Wie schwer war es für euch diese perfekte Kombination zusammenzustellen?

Retromantics: Wir als Retromantics bestehen ja aus erfahrenen Sängern und Musikern, die früher schon in anderen Gruppen gesungen haben, und daher ist die Aufteilung der Stimmen und die Songauswahl für uns recht schnell erledigt. Wir orientieren uns bei Coversongs an den Stimmen und Instrumenten der Originalaufnahmen, haben aber auch keine Angst etwas anzupassen. Bei unseren eigenen Songs haben wir häufig schon eine grobe Vorstellung im Kopf und feilen dann zusammen daran, bis es für unsere Ohren gut klingt.
Dem weiteren Kreis der Frage folgend versuche ich mal in Kürze zusammenzufassen, wie das mit den Stimmen in einer Doo Wop Gruppe so funktioniert und dabei großartige musiktheoretische Ansätze weitestgehend zu vermeiden…
Im Grunde besteht eine Gruppe aus 3 Teilen:
Dem Leadgesang, der die Melodie singt.
Dem Background, der die Akkorde als Unterstützung des Songs beisteuert
Dem Bass, der das Fundament in Form der Grundtöne der Akkorde bildet.
Man hat idealerweise 3 Stimmen um den Backgroundakkord zu bilden. Eine Stimme fängt mit dem Grundton an, die zweite auf der darüber liegenden Terz und die dritte Stimme auf Quinte. Durch Änderungen der Töne in den einzelnen Stimmen verändern sich die Akkorde und die Musik beginnt.
Es geht auch ohne Bass, oder mit nur 3 Sängern, wie man an Gruppen wie den »Belmonts«, »Lydells« oder den Girl-Groups sehen kann. Hierbei werden die Backgroundstimmen um die Melodie geführt, so dass am Ende, möglichst häufig ein 3-stimmiger Akkord steht.
Unser Tipp: einfach ausprobieren. Es macht Spaß und süchtig!
Wer mit den Bezeichnungen nichts anfangen kann, einfach mal „googlen“ und den ersten Schritt in eine neue, faszinierende Welt wagen.

rockin and rollin: Warum Doo Wop und Acapella, was reizt, euch persönlich an dieser Stilrichtung?

Retromantics: Nicht gerade überraschenderweise sind es die Stimmen und Melodien der Musikrichtung.
In einer Gruppe zu singen entfaltet eine eigene Magie. Wenn man es schafft, sich selbst in das Gesamtgefüge einzupassen und alle zusammen singen, dann ist das, als ob man in einen Tunnel kommt und alles schwingt harmonisch ohne Ecken und Kanten … ein phantastisches Gefühl.
Gleiches kann man sicherlich als Musiker in einem tranceartigen BluesBopper finden, wenn Gitarre, Bass und Drums wirklich „tight“ ihren treibenden Rhythmus entwickeln, aber gleichzeitig ist es aber auch die Einfachheit – für Acapella braucht man keine Instrumente und kann einfach lossingen. Immer. Überall.

rockin and rollin: Ihr seid schon quer durch Europa, ja sogar bis Amerika getourt. Nach euren persönlichen Empfinden, gibt es Unterschiede vom Publikum her ob ihr in Deutschland auftretet zum Rest der Welt?

Retromantics: Der Auftritt in den USA als Backing von Paul Ansell’s No.9 bei Viva Las Vegas steht etwas gesondert da, weil der Tontechniker beim ersten Song vergessen hatte, unsere Mikros auf die Anlage zu schicken und das Publikum uns somit erst beim zweiten Song hören konnte und der „Wow-Effekt“ mit hineinspielte…
Generell ist die Reaktion des Publikums in Europa schon immer sehr ähnlich – mit Ausnahme von England, wo die Hände bei Bands immer sehr tief in den Taschen verbleiben und der Applaus sich in Grenzen hält.
Generell scheint das Publikum in Deutschland in den letzten Jahren offener und begeisterungsfähiger geworden zu sein – auch speziell, was Doo Wop angeht.

rockin and rollin: Doo Wop an sich ist schon eine recht kleine Nische. Ihr seid aus meiner Sicht musikalisch einer der ganz Großen dieser Nische. Wie seht ihr den Bereich Doo Wop in Deutschland, deren Bands und der zukünftigen Entwicklung in der Szene? Entwicklungswürdig oder hot, ausgereift und vielfach unterschätzt?

Retromantics: Vielen Dank für das Kompliment.
Mittlerweile ist es sicherlich schwer, für neue Gruppen neue Sänger für Doo Wop/Acapella zu finden.
Leider wird bei den meisten Veranstaltungen heutzutage fast nur noch Rockabilly und so gespielt und die »Neuen« bekommen selten Gelegenheit, mit Doo Wop in Kontakt zu kommen und diese interessante Musikrichtung hautnah kennenzulernen. Das scheint sich zum Glück gerade etwas zu ändern, denn derzeit wird viel tanzbarer Rhythm’n’Blues gespielt und auch wieder mehr Uptempo Vocal Rhythm’n’Blues – oder auch Doo Wop.
Trotz der wachsenden Präsenz von Doo Wop gibt es im Vergleich zu früher (80er / 90er) in Deutschland leider nur relativ wenig Doo Wop Gruppen, die am Rande von Rock’n’Roll Veranstaltungen draußen an der Ecke, in der nächsten Garageneinfahrt oder in der Herren-/Damen Toilette stehen und einfach zusammen singen. Die meisten Doo Wop Gruppen heutzutage bestehen ja immer noch aus »alten Hasen« - aber vielleicht wird das ja wieder. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wieder neue und junge Gesichter in den Gruppen zu sehen und singen zu hören.
Als derzeitigen Vorreiter in Punkto Doo Wop muss man derzeit Barcelona sehen, wo es wohl im Moment die meisten Doo Wop Gruppen gibt. Da wären z.B. die „Velvet Candles“ ganz vorne zu nennen, die durch ihre Präsenz dem Doo Wop in Europa wieder zu mehr Aufmerksamkeit verholfen haben.
Wir wollen gerne unseren Teil dazu beitragen, diese Nische in Deutschland wieder nach vorne – in das Bewußtsein der Rock’n’Roller zu bringen und neben Rockabilly und dem Rest zu etablieren.

rockin and rollin: Was bedeutet Doo Wop für euch persönlich und was sind eure Lieblingsbands und Veröffentlichungen, auch außerhalb des Doo Wop?

Retromantics: Für uns alle ist Doo Wop ein wichtiger Teil unseres Lebens, an den viele schöne Erinnerungen geknüpft sind. Das spontane Singen an den verschiedensten Orten, die uns viele Freigetränke, Freundschaften in der ganzen Welt und wilde Feiern eingebracht haben. Wie in dem Film »The Wanderers« ist der Vocal Group Sound ein besonderes Lebensgefühl, das man nur schwer beschreiben kann.
Lieblingsgruppen „Doo Wop“: »Dion mit und ohne Belmonts«, »Johnny Maestro & the Crests«, »The Cleftones«, »The Drifters«, »The Duprees«, »The Dells« u.v.m.
Die nahe Verwandtschaft und musikalische Entwicklung des Doo Wop reicht natürlich auch stark in den Soul-Bereich (Sam Cooke, Temptations, Smokey Robinson&the Miracles, Martha & The Vandellas etc.) und weiter.
Aber ansonsten sind wir auch Menschen wie alle anderen und hören außer Rock’nRoll von Klassik bis Heavy Metal alles mögliche – Techno, andere Electro Music und belangloses Radiogedudel inkl. deutsche Popschlager mal ausgenommen – das sollte man einfach nicht hören!

rockin and rollin: Knapp 15 Jahre als Doo Wop-Gruppierung auf Tour - Deutschland, Europa, USA...haut alle Leute auf euren Konzerten einfach von den Socken. Perfekt, einzigartig, unglaublich dynamisch, mit eigenem erstklassigen Repertoire ... und bis heute keine eigene CD? Was ist bei euch schief gelaufen!? Alle, die euch gesehen haben, lechzen nach einer CD! Ich ebenso, wann kann man sie endlich und wenn unter welchem Label darf man sie erwarten?

Retromantics: Gute Frage… Hat bis jetzt halt immer wieder Gründe gegeben, warum es mit der Produktion nicht geklappt hat.
Wir haben eine Mange Demoaufnahmen und waren öfters kurz davor, einen Tonträger zu veröffentlichen, aber dann kam wieder eine Besetzungsänderung, Probleme mit den Produktionszeiten etc., so dass wir uns dann dagegen entschieden haben.
Wir wollten auch nicht, wie andere Gruppen überhastet Tonträger auf den Markt bringen, nur um was zu haben, da wir schon einen gewissen Anspruch an die Qualität haben und möchten, dass unsere Fans sich die Platte/CD gerne öfters anhören.
Mittlerweile haben wir genug eigene Songs und planen für 2017 fest mit einer Veröffentlichung. Diesmal wirklich… 🙂

rockin and rollin: Ich danke euch für das Interview und freue mich schon sehr auf euren nächsten Auftritt, wo ich dann hoffentlich wieder dabei sein kann.

Retromantics: Sehr gern geschehen. Hoffe wir treffen uns dann.